Der chinesische Fächer ist ein wichtiger Bestandteil der Kultur dieses Landes - sein Ursprung und seine lange Geschichte reichen weit zurück bis in das chinesische Neolithikum vor Beginn der Dynastien (ca. 2700-2200 v.Ch.)
Innerhalb der einfachen Bevölkerung ein ebenso simpler wie wirkungsvoller Gebrauchsgegenstand, mit dessen Hilfe ein kühlender Luftstrom erzeugt wurde oder ein Feuer entfacht werden konnte, entwickelte sich der archaische "Handventilator" in den oberen Teilen der Gesellschaftshierarchie schon bald zu einem stark ästhetisierten Objekt mit vielseitigen Bedeutungszusammenhängen: er wurde ein Zeichen der Würde einer Person, war ein Statussymbol, ein wichtiges Requisit in der chinesischen Oper, ein modisches Accessoire, eine Theaterrequisite oder ein Ausdruck hochvirtuoser und künstlerisch ambitionierter Handwerkskunst, aber auch zu einem Symbol einer feinsinnig-empfindsamen Weiblichkeit.
In der frühen Neuzeit, der Zeit der großen Entdeckungen, gelangte der Fächer nach Europa, wo er sich in den mit hohem künstlerisch-handwerklichen Potential ausgestatteten komplizierten Brisé- und Faltfächervarianten in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Frankreich unter König Louis XIV zu einem künstlerisch-gesellschaftlichen Höhepunkt entwickelte: Der Fächer wurde zu einer unerlässlichen, luxuriösen Kostbarkeit des Hochadels und zum festen Attribut der feinen Dame, für seine Herstellung verwendete man die edelsten und teuersten Materialien wie Edelsteine, Florentiner Taft, Ebenholz, Elfenbein, Perlmutt, Schildpatt, Gold und andere Edelmetalle, für die Bemalung der Fächerblätter verpflichtete man hochbezahlte Künstler.
Sogar eine galante "Geheimsprache" des Fächers soll entstanden sein: als "Instrument der Balz" wurde er zur Verstärkung der Körpersprache benützt und signalisierte durch besondere Aktionen einem eingeweihten Gegenüber einen amourösen "Flirtcode" wie z.B."langsam mit dem Fächer fächeln": ich bin (leider) verheiratet...!
Der österreichische expressionistische Maler Oskar Kokoschka hatte mit Alma Mahler, der fast 20 Jahre älteren Witwe des berühmten Komponisten Gustav Mahler, eine heftige und immerhin vier Jahre lang dauernde Liebesaffäre - als Ausdruck dieser Beziehung entstanden 1913 unter anderem sechs kunstvolle Faltfächer, deren Fächerblätter (Material "Schwanenhaut" = feinstes Leder von Lämmern ) von ihm mit zärtlichen Liebesmotiven bemalt wurden - zu sehen ist einer der Fächer auch im Wiener Leopold Museum, oder auch hier...
Die Idee eines faltbaren und somit platzsparenden Faltfächers entstand vor etwa 1000 Jahren in Japan und wurde zum Ausgangspunkt des bekanntesten Fächertyps - ohne Fächerblatt (Briséfächer), mit kontinuierlich zunehmender Stabbreite und oben mit einem Band fixiert, oder mit einem typischen Fächerblatt. Die Grundlage des Faltfächers ist ein ausklappbares, bewegliches Gerüst von mehreren Fächerstäben bzw. Fächerleisten, die am unteren Ende mit einem Achsenstift zusammengehalten werden. Beim regulären Faltfächer ist ein halbkreisförmiges Fächerblatt mit den Fächerstäben verklebt, beim chinesischen Fächer ist dieses häufig kunstvoll mit filigranen Kalligraphien und Malereien dekoriert. Die meistverwendeten Themen dabei waren Landschaften, Blumen oder Vögel.
Das oben abgebildete mobile Designobjekt Brisen-Brummer ist ein delikater Gegenentwurf zum völlig billig-banalen Ventilator mit seiner stets zugigen Windausbeute. Der 'Weifeng Weng Weng' ist mein sehr persönlicher Beitrag zum phantasievollen Thema "IMPOSSIBLE DESIGN" und versucht die faszinierende Geschichte und Ästhetik zusammen mit dem typischen Bewegungsmuster zweier chinesischer Faltfächer wirkungsvoll in Szene zu setzen: Eine langsam, leise und sanft arbeitende elektromechanische Konstruktion (batteriebetrieben, mit zwei wählbaren Laufzeiten...) setzt die beiden erlesenen chinesischen Faltfächer - mit feinen floralen Motiven, Vogelszenarien und Kalligraphie dekorierte Fächerblätter, Fächerstäbe aus lackiertem Bambus - synchron in komplementärer Richtung in Bewegung und sorgt so mit einem höchst unaufdringlich choreographierten "Tanz der Fächer" für ein ästhetisches Vergnügen der meditativen Art, frei nach dem Motto "le plaisir délicieux et toujours nouveau d'une occupation inutile" (Henri de Régnier) - "das entzückende und immer wieder neue Vergnügen einer nutzlosen Beschäftigung“. Dieser Satz spiegelt die Idee, Freude und Zufriedenheit in Aktivitäten zu finden, die vorwiegend keinerlei praktischen Zwecken dienen oder Nutzen verfolgen und betont damit den Wert von sinnvoller Freizeitgestaltung, Kreativität und einer Freude am Augenblick.
Die beim Betrieb entstehende eher bescheidene, seidenweiche Brise leistet einen kleinen Beitrag für das körperliche Wohlbefinden bei höheren Temperaturen...ideal für Träumereien und den Musikgenuss via Kopfhörer an lauen Sommerabenden im Freien...positiver Nebeneffekt: gierige Plagegeister wie blutsaugende Stechmücken werden ferngehalten...
Der Wéifeng Wengweng in graziler Aktion ist im folgenden Video zu sehen - musikalisch angemessen "untermalt" mit der solistisch (Harfe / Horn / Violine) besetzten elegischen Introduktion aus dem Mittelsatz der dritten Sinfonie op. 44 von Sergei Rachmaninow: